Samstag, 7. April 2012

Der Richter als Opfer

Gerade wer kein Schwachkopf ist, läuft immer Gefahr, von Kollegen gemobbt zu werden. So ergeht es dem Sozialrichter Jan-Robert von Renesse in Nordrhein-Westfalen, früher befaßt mit Rentenansprüchen ehemaliger Ghetto-Arbeiter. Kollegen warfen ihm "unstrukturierte Arbeitsweise" vor, stießen sich auch an seinem "belehrenden Tonfall". Ja, wenn schon der Tonfall "belehrend" ist, dann darf weggehört werden. Möglicherweise haben sie mit ihrem Vorwurf, er klinge belehrend, sogar recht; denn wer hat schon so viel Geduld, seinen anscheinend begriffsstutzigen Kollegen ein ums andere Mal in neutralem Duktus zu erklären, weshalb sie ihre gewohnte Herangehensweise, die habituell strukturierte Arbeitsweise, mal hinterfragen sollten. Und "unstrukturierte Arbeitsweise" ist natürlich ein Euphemismus dafür, daß da einer anders an die Dinge herangeht als "das haben wir schon immer so gemacht".

Renesse arbeitet laut Julia Smilga, die sich eingehend mit dem Fall befaßt hat, noch immer im nordrhein-westfälischen Landessozialgericht: "In seinem winzigen Zimmer neben der Toilette prüft er heute überwiegend Schwerbehindertenausweise."
 
Auch eine Art "Anschlußverwendung".

Der Richter und die Opfer – von Julia Smilga (WDR 5)

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